Aller Anfang in Ägypten
Der Urlaub an der Soma Bay in Ägypten sollte eigentlich zum Relaxen für meine Frau und mich werden. Den Job vergessen und Ruhe genießen. Nachdem ich den siebten Tag in Folge auf der Liege direkt am Roten Meer verbracht hatte und das iPad auch schon langweilig und die Liege immer unbequemer wurde, weckte die Kiteschule der Abu Soma Riders, direkt neben unserem Hotelstrand mein Interesse. Ein Kiter sprang mit seinem Board direkt vor uns meterhoch und ich dachte nur: genau das will ich auch! Es sah so leicht aus und ich meldete mich einen Tag vor Abflug zu einem Grundkurs an.Vom Relaxurlaub zum Kiteurlaub
Erstmal die Basics, Kite Control und Safety und dann Bodydrag und dann Wasserstart. Gut, dachte ich mir, was auch immer das alles ist, ich mache es einfach.Die 1,5 Tage reichten noch für Kite Control und Bodydrag und schon ging der Flug wieder zurück nach Mitteldeutschland. Ich nahm mir fest vor, im nächsten Jahr in Ägypten einen kompletten Einsteigerkurs zu machen. Und so war es dann auch. Im März war es soweit. Aus dem Relaxurlaub wurde gleich nach der Landung ein Aktiv-Kiteurlaub mit perfekten Einsteigerkurs mit Ali und Abdallah von den Abu Soma Riders.
Kiten lernen in Ägypten
Der erste geglückte Wasserstart und die ersten 2 Meter gleiten, löste bei meinem Lehrer Abdallah und meiner Frau, die mit im Stehrevier war, sowie auch bei mir, absolute Freudenschreie aus.Seit dem Moment war ich mit dem Kite-Virus komplett infiziert und es drehte sich um nichts anderes mehr im Urlaub. Ich wachte um 5 Uhr auf und checkte den Wind, war der erste früh und der letzte abends bei den Riders. Es war einfach genial.
Am letzten Urlaubstag machte ich mein Level 3 IKO und verabschiedete mich von den Jungs.
Einsteigerkurs in Ägypten beendet, was nun?
Wieder zuhause, gab es kein anderes Thema mehr. „Einsteigerkurs beendet und jetzt?“ dachte ich mir. OK ich habe mir mein erstes Material gekauft. Was nehme ich am besten, welche Marke, welche Größe, gebraucht oder neu? Ich habe mich durch den Material-Jungle gekämpft, viel gelesen, das Internet förmlich auf den Kopf gestellt.Einige Freunde im Umkreis belächelten schon mein neues Hobby, so ohne Wasser vor der Haustür. Es gibt bei mir nur eine kleine Talsperre in der Nähe, wo das Kiten überhaupt möglich wäre.
Nun gut, mit meiner ersten Grundausstattung ging es an den See mitten im nirgendwo.
Mein Versuch: Talsperre Seebach
Ich freute mich schon, dass die Talsperre Seebach überhaupt im Windfinder angezeigt wird, leider ist der Wind im Binnenland so böig, so dass es als Einsteiger nicht besonders einfach ist, hier aufs Brett zu kommen. Zumindest schaffte ich es, dass der Kite mal kurz in der Luft war.Ich musste an einen Spot, an dem genug Wind ist, um einen „Brocken“, wie mich aus dem Wasser zu ziehen, einen richtigen Anfänger Spot eben im besten Fall mit Stehrevier.
Die Kitegruppen im Netz waren sehr hilfreich, um ein paar Tipps zu bekommen.
Es fielen Namen, wie St. Peter Ording, Saaler Bodden, Neuharlingersiel, Fehmarn und viele mehr. Wenn man noch nie nördlicher als Hamburg war, sind das alles Fremdwörter. Insel Fehmarn, Ostsee dachte ich mir, laut Routenplaner nicht ganz so weit – die Wahl war gefallen.
Kite-Kurz-Urlaub in Fehmarn
Einen Samstag im Juli ging es aus der Mitte Deutschlands los. Vollgepackt mit Material und warmen Hoodies, setzte sich unser Bulli über die A38 Richtung A7 in Bewegung. Auf die Frage, von meiner Frau, wo wir den nächtigen, hatte ich bis zu dem Zeitpunkt noch keine Antwort. Im Internet findet man einiges. Eine Unterkunft am Meer war unser Favorit. Leider ausgebucht. Meine Frau wünschte sich ein Hotel mit Frühstück. Wir buchten kurzentschlossen auf der Fahrt in den Norden das Avalon Hotel Bellevue was erst 2018 neu eröffnet wurde, welches nur paar Meter vom Anfängerspot Lemkenhafen/Gollendorf entfernt liegt.Trotz aller Baustellen und strömenden Regen, kamen wir sehr gut durch und standen vor der Fehmarnsundbrücke, dem liebevoll genannten „Kleiderbügel“ von Fehmarn.
Die Überfahrt alleine war schon genial. Und in der Ferne erkannte ich schon den ersten Kites am Himmel. Was für ein Gefühl!
Erkundungstour auf Fehmarn
Danach fing der Kurzurlaub an. Natürlich hielt die Sonneninsel Fehmarn herrlichen Sonnenschein für uns bereit. Bei dem Wetter auf jeden Fall zu früh um in Hotel zu gehen. Also sagte ich zu meiner Frau, ich lad dich auf den Kaffee ein. Mein „heimliches“ Ziel: Haus Achtern Diek, direkt am Deich und am Spot natürlich. Ich hatte mich ja schon im Netz informiert. (Meine Frau staunt dann immer und fragt, ob ich schon mal da war, was immer sehr cool ist)Platz an der Sonne, Kitesurfer, die frische Brise der Ostsee und Kaffee mit Erdbeer-Schoko-Torte, waren ein perfektes Welcome Gift!
Nachdem wir beim Spot Gold vorbei geschaut haben, sind wir erstmal durch das liebevolle Dörfchen Lemkenhafen gefahren, wir können nur sagen: ein Traum.
Kurz einchecken im Hotel und nochmal Richtung Gollendorf, irgendwo hier muss es zur Gollendorfer Bucht gehen. Na klar, im Ort ganz scharf links und ein Stück geradeaus.
Und da waren wir schon auf dem Parkplatz von Elli, eine kleine aber feine Snackeria. Und nur 50 Meter vom Spot weg. Ein muss für alle Kiter!
Ok, gehen wir erstmal Richtung Deich und checken die Lage. Immer noch herrlicher Sonnenschein und kein Mensch weit und breit. Komisch dachte ich. Vielleicht doch zu wenig Wind.
Wenig Wind, Leichtwindkite und trotzdem kein Glück
Ich war so heiß aufs Kiten, dass ich meinen 17er Leichtwindkite aus dem Auto holte und einfach mal kurz probierte. Wir pumpten ihn auf dem Deich auf, und ich schlüpfte in den Neo.Noch bevor meine Frau fragen konnte, ob ich da ganz alleine jetzt rein will, war ich schon über die Steine geklettert und stand mit der Bar in der Hand schon in der Ostsee.
Ich hakte mich ein, meine Frau gab mir Starthilfe und schon war der Kite in der Luft.
Ich muss zugeben, es war nicht einfach den 17er am Himmel zu halten. Er drohte immer wieder zu fallen, weil einfach zu wenig Wind war. Aber ein paar Flugmanöver waren drin und ich konnte mich schon mal an das überraschend warme Wasser in der Gollendorfer Bucht gewöhnen.
Der wenige Wind war nun natürlich auch der Grund, warum wir alleine am Spot waren. Also mit dem Board brauchten ich gar nicht erst anfangen.
Trotzdem genossen wir dort den herrlichen Sonnenuntergang und ehe wir uns versahen, war es schon 21:15 Uhr und unser Hunger, den wir völlig vergessen hatten, meldete sich zu Wort.
Die freundliche Chefin der Kapitänsstube servierte uns Gott sei Dank um 22:00 Uhr eine absolut leckere und wärmende Kartoffelsuppe und Bratkartoffeln mit Ei. Herrlich……
Auf dem Rückweg zum Auto haben wir bemerkt, dass es im kleinen gemütlichen Hafen noch Musik gibt. Anscheinend ein kleines Hafenfest, wir gönnten uns noch zwei Caipis und machten uns dann ziemlich müde auf zum Hotel.
Kein Wind auf Fehmarn? Das machten wir draus!
Am nächsten Morgen und den ernüchternden Blick in die Windfinder App, die Erkenntnis, dass am Spot wieder nichts gehen wird, liehen wir uns Fahrräder aus. Der lockere Herr wies uns ein und los ging`s. Wir fuhren erstmal auf dem Deich, den wir von dem vorherigen Tag schon kannten. Lemkenhafen über Orth Richtung Leuchtturm Flügge und dann Flügger Strand.Weiter ging es an der Westküste, vorbei an Bojendorf über Fehmarnbelt. Wir genossen die Brise auf dem Deich und die Nähe zum Wasser.
Nach einigen Pedaltritten kamen wir dann auch zum Spot Grünen Brink, den ich ebenfalls schon als Kitespot aus dem Netz kannte. Und siehe da, es war genau ein Kite am Himmel zu sehen.
Die Lust auf die Drahtesel ging langsam zur Neige, als wir kurz vor Puttgarden, wo die Fähren Richtung Dänemark ablegen, waren. Der Wind reichte eh nicht zum Kiten, also können wir beruhigt weiter fahren. Wir kürzten unsere Inselrundfahrt über Niendorf Richtung Burg ab, um nochmal am berühmten Südstrand vorbei zu schauen.
Erstmal weiter Burgstaaken Richtung Wurfen, dann durch die ruhigen Felder von Avendorf und Albertsdorf und wir waren ganz „schnell“ wieder in Gold auf dem Deich. Auch hier kein Mensch, weit und breit. Wo sind nur die ganzen Kiter? Von Gold übern Deich Richtung Lemkenhafen war es nur noch ein Katzensprung. Nach 55km waren wir wieder am Ausgangspunkt. Der Muskelkater für den nächsten Tag, war vorbestimmt.
Nach dem Abendessen und einer Dusche fielen wir in unser Bett, voller Hoffnung das die Vorhersage mit 17 Knoten am Montag stimmt.
Wind auf Fehmarn
Der erste Blick am Montagmorgen aus dem Fenster……Wind! Windfinder-App versprach 18 Knoten….Jetzt aber schnell zum Frühstück und los.Nach dem Checkout fuhren wir gleich Richtung Elli`s. Schon vor Gollendorf sahen wir die vielen Kites. Da schlug das Kitesurferherz höher.
Rauf auf den Parkplatz, Neo angezogen, Material auf den Rücken und ab zum Spot. Als wir über den Deich kamen, war es für einen Anfänger, wie mich der Wahnsinn. Ich hatte das Gefühl, mein Mund stand eine Minute lang offen. Zugegeben, ich war schon etwas nervös.
Die Qual der Wahl
Der 17er war vom Vortag noch etwas nass, daher pumpte ich den zum Trocknen zuerst auf. Die Wahl fiel dann auf meinen 13.5er - Jungfernfahrt. Mit der Bar und Board in der Hand ging es vorsichtig über die Steine auf`s Wasser. Ich hakte mich ein und mit Starthilfe von meiner Frau, stand der Schirm auch schon am Himmel. Genial!Habe bisher nur ein Leichtwindboard 152x46, da man als Anfänger damit wohl eher ins gleiten kommt und ich ja auch kein Fliegengewicht bin, fiel die Wahl damals auf das Model.
Bereits beim zweiten Versuch Wasserstart stand ich auf dem Board und zischte ab, Wahnsinn. Erst nur in die eine Richtung nach rechts, dann auch später nach links. Alle Kiter vor Ort haben trainiert, teilweise mit Lehrer, teilweise ohne. Einige konnten schon richtig gut fahren, andere übten Bodydrags. Eines ist mir sofort aufgefallen, alle waren sehr rücksichtsvoll! Eine herrliche Atmosphäre. So soll es sein.
Walk of Shame
Den „Walk of Shame“ kenne ich nun auch in und auswendig, da es mit dem Höhe fahren/halten noch nicht ganz so perfekt klappt. Danke, an alle die mir den Weg der Schande frei gehalten haben. Was solls, jeder hat mal angefangen und ich war glücklich, dass es mit dem Fahren überhaupt geklappt hat.Nach 3 Stunden üben, gönnten wir uns eine kleine Pause in Elli`s Snackeria, mit leckerer hausgemachten Limettenschorle, Kaffee sowie grandiosem Flammkuchen und einem frischen Salat. Ein perfekter Ort für den kleinen Hunger. Zwischendurch kam sogar die Sonne wieder etwas durch.
Danach ging es wieder rauf aufs Wasser, noch ein bisschen das Höhe fahren, was mir dann doch schon ganz gut gelang. Auf dem Wasser habe ich da anscheinend noch nicht so den richtigen Blick für.
Nach knapp 6 Stunden Kiten war meine Kitelust zwar noch nicht befriedigt, aber mein Körper kam dann doch langsam ans Ende seiner Kräfte.
So packten wir langsam zusammen, der 13,5 er musste noch nicht mal trocknen, da er das Wasser nicht berührte.
Auf Wiedersehen Fehmarn
Wir mussten nun auch langsam Richtung Heimat fahren, es lagen ja noch 450 km vor uns.Vor dem überqueren des Kleiderbügels nahmen wir dann mit einem letzten Blick nach rechts, schon etwas traurig, Abschied von Gold und Lemkenhafen, sowie der Gollendorfer Bucht.
Wir können auf einen traumhaften Anfänger-Trip zur Insel Fehmarn zurückblicken. Haben viele nette Menschen kennengelernt und fast die ganze Insel auf dem Fahrrad erkundet. Besonders cool war die lockere Atmosphäre überall, die Ruhe, die vielen kleinen Restaurants und die weiten Deiche mit ihren Schafherden.
Die Insel Fehmarn hat unser Herz erobert und wir kommen bestimmt bald wieder, natürlich zum Kiten.
David Groß
Das ist mit Abstand die angenehmste Spotbeschreibung, die ich gelesen habe.
02:05 - Sa, 9. Okt, 2021
Um einen Kommentar zu schreiben musst du dich einloggen.